Pieterburen – Appingedam | Heute 73 km | Gesamt km 607
Es hat nachts wieder geregnet. Wir gehen zum Hotel rüber und hoffen, dass das Zelt und die aufgehängten Sachen noch trocknen. Gäste bedienen sich am Buffet, um uns kümmert sich niemand. Wir könnten einfach zugreifen, keine Kontrolle der Zimmernummern. Aber das wären nicht wir. Tatsächlich wurden wir angekündigt, und für 25 € bekommen wir ein super Frühstücksbuffet. Die geschmierten Brötchen, gekochten Eier und Marmeladen decken auch noch unser Mittagessen und zum Teil unser Abendessen.
Das Zelt wird noch feucht eingepackt, es muss abends trocknen. Wir sind einige Zeit früher fertig als die Heidelberger und verabschieden uns. Die Niederländer sind längst weiter. Als wir losfahren setzt Regen ein. Wir stellen uns unter. Als es aufhört zu regnen, fahren die Heidelberger an uns vorbei. So fahren wir gemeinsam ein Stück des Weges. Verpasst einer den Abzweig, ist der andere wieder vorn. Nach sieben Kilometern trennen sich die Wege.
Die Abwechslung auf dieser Etappe ist gering: breitere lange und schmale Feldwege wechseln sich ab. Ein Kaffee muss her, wir finden ihn an der Menkemaborg in Uithuizen, die von malerischen Gärten mit schon fast meditativer Ruhe umgeben ist. Sie stammt aus dem 14. Jahrhundert, ihr jetziges Aussehen und die Anlage der Gärten stammt aus dem 17./18. Jahrhundert.
Eine junge Katze begleitet unsere gesamte Mittagspause auf einer Bank und Julian ist selig, mit ihr zu spielen und ihr etwas vom Essen abzugeben. Wir fahren weiter und bleiben staunend in Bierum vor einer alten romanisch-gotischen Kirche stehen, deren Grundzüge bereits aus dem 13. Jahrhundert stammen. Ein massiver Steinbogen stützt die abgesackte Kirche ab. Die alten Grabsteine datieren aus dem frühen 19. Jahrhundert. Die Tür lässt sich knarrend mit einem Knauf öffnen, und ich gehe durch ein dunkles Gewölbe in eine durch Schlichtheit geprägte Kirche. Auch die Orgel ist bereits von 1792.
Wir fahren weiter, es geht an prachtvollen Gutshöfen vorbei über schmale Radwege. Unvermittelt steht rechts ein Mann mit Videokamera auf einem Stativ am Feld. Bereitwillig erzählt mir Wiever, ein ca 50-jähriger Niederländer mit zerzaustem Haar, von seinem Videoprojekt zum Thema Insektensterben. Er steht vor einem Maisfeld und dokumentiert die Veränderungen heute im Vergleich zu vor 10 Jahren. Wir sprechen über unsere Umwelt und die Bedeutung des Insekten- und Vogelrückgangs. Missionieren muss hier keiner mehr den anderen, aber es gibt immer wieder spannende zusätzliche Infos und erhellende Ansichten. Schön, dass sich Menschen überall stark machen für ihre Umwelt. Wir haben dies auf der Tour an vielen Küstenorten besonders intensiv zum Thema ‚Plastik in den Meeren‘ gesehen.
Die eigentliche LF10b Route am Deich entlang ist für die nächsten 20 km gesperrt, so dass wir ins Inland ausweichen müssen. Die führt uns auch zu unserem heutigen Campingplatz nach Appingedam. Nach einer Runde Minigolf findet Julian rasch Anschluss zu zwei niederländischen Mädchen und die drei spielen lachend und kichernd Ball bis zum Schlafengehen. Wenn Du wirkliche Freude suchst, schau Deinen Kindern beim Spielen zu (oder mach mit!). So geht das!