Ostsee-Umrundung | gesamt 5.333 km
Piteå (SWE) – Burträsk (SWE) | Tag 70 | heute 130 km
Nach einem der besten Frühstücksbuffets, an dem ich mich je laben konnte, geht es um 10:30 Uhr los. Das Geniale war, dass es ein günstiges Zimmer war, Rezeption und Frühstücksbuffet aber im besten Hotel der Stadt sind. Wenn ich die Unterkunft mitnehmen könnte…
Mein Problem bleibt, dass ich keinerlei Unterkunft für die kommende Nacht habe. Ich fahre heute also diesbezüglich ins Blaue. Weiter landeinwärts gibt es einen Ort mit einigen Unterkünften, Burträsk. In Skellefteå selbst ist aber ein Eishockeyspiel und wohl deshalb alles ausgebucht. Vielleicht werde ich am Ende im Zelt bleiben, denn schließlich habe ich diese Option ja auch bei mir. Die Route führt mich zunächst südwestlich in die Wälder Schwedens hinauf. Nach 30 Kilometern bin ich auf 150 Höhenmetern, genieße die klare Waldluft und radle von der Provinz Nordbotten in die Provinz Westbotten.
Auf in Schwedens Landesinnere
Ich bekomme eine Absage von meiner Couchsurfing Anfrage für Skellefteå. Der Check auf die Temperaturen prophezeit mir Nachttemperaturen von 2 Grad und Regen, das gefällt mir nicht wirklich zum Zelten. Es gibt heute auch noch die Option, weiter ins Landesinnere nach Buträsk zu fahren, wo einige Unterkünfte zu finden sind. Die Distanz beträgt allerdings insgesamt 130 Kilometer und hat vermutlich auch einige Höhenmeter zu bieten. An der Gabelung zu den beiden Orten entscheide ich schließlich für Buträsk. Das Landesinnere gefällt mir gut, und ich bin froh die Autos meiden zu können. Nun bin ich aber nicht so früh losgefahren und habe noch ein ganz schönes Pensum vor mir. Ich buche mir eine Unterkunft, damit ich wenigstens diese Sicherheit habe.
Immer wieder radle ich an moorigen Hochebenen vorbei, und ab und an gibt es florale Farbtupfer in der herbstlichen Landschaft.
Heute lerne ich zu verstehen, wie die Landschaft Schwedens aufgebaut ist. Südlich fahrend erreiche ich immer wieder bis zu 230 Höhenmeter, um sie dann beim nächsten Fluss oder See wieder bis auf knapp unter 100 Höhenmeter abzugeben. Ich überquere so Höhenzug für Höhenzug, rasante Abfahrten folgen zähen Anstiegen. Immer wieder komme ich auch an den typisch schwedischen Häusern vorbei, manche davon mit einem traumhaften Blick auf einen der vielen Seen.
Fällfors Salmon Observatory
Bei Fällfors lege ich eine Mittagspause ein. Hier gibt es am reißenden Flusslauf eine Beobachtungsstation für aufsteigende Lachse. Nun gut, es ist nicht gerade die Zeit der Lachswanderung, und so bestaune ich die Anlage an und für sich. Es gibt sogar mittels unterirdischer Glasscheiben eine Beobachtungsmöglichkeit, die Lachse unter Wasser zu beobachten. Nur ein kleiner Flussbarsch flüchtet erschrocken, als er mich sieht. Für meine Fotos blitzt sogar kurz die Sonne durch, einer der seltenen Momente heute, es bleibt sonst grau in grau.
Krångfors Waterpower
Als ich weiterfahre setzt Regen ein. Ich kann von den Höhenzügen beobachten, wie der Wind ihn übers Land weht, und singe laut vor mich hin: „Hejo, spann den Wagen an, seht der Wind treibt Regen übers Land…“ Es ist nicht der vorhergesagte Dauerregen, und er bleibt auch so leicht, dass ich die Regenhose auslasse. Meine Hose ist zwar ziemlich feucht nach dem Schauer, aber sie trocknet rasch wieder. Einige Kilometer weiter führt mich der Weg an einem Stausee mit einem Wasserkraftwerk vorbei, ohrenbetäubend rauscht das Wasser die Staustufe hinunter.
Den ganzen Tag freue ich mich auf einen kalten Cappuccino, den ich mir heute Morgen aus dem Supermarkt mitgenommen habe. Nachmittags öffne ich ihn, und trinke gierig einen Schluck, bis ich merke, dass er dickflüssig ist und wirklich sauer schmeckt. Aus der Traum vom Cappucino, gibt’s halt wieder Leitungswasser. Die süßen Teilchen mit Nüssen nimmt mir aber keiner!
Erwartungsgemäß werden die letzten Kilometer lang, alles über ? Kilometer am Tag geht an die Substanz. Am Ende stehen in Buträsk um 19 Uhr tatsächlich exakt 130 Kilometer auf dem Tacho, mit 1130 Metern Anstieg und einem Schnitt von 19,1 km/h. Das Hotel ist einfach, die Räume positiv ausgedrückt schlicht. Frühstück soll man sich selbst nehmen in der Küche. OK, es ist wenigstens alles da. Und mir wird extra noch etwas warm gemacht zum Abendessen, denn sonst gibt es hier nichts im Ort, die einzige Pizzeria schließt um 19.30 Uhr. Das hätte noch gefehlt. Naja, hätte ich meinen Kocher rausholen können. Ich gehe früh ins Zimmer, heiße Dusche, Blog.
Morgen geht es weiter nach Umeå, 95 Kilometer mit der Hälfte an Höhenmetern und vielen Übernachtungsoptionen. Meine Sorge gilt eher dem Tag danach, denn die dünne Besiedlung und Unterkunftslage hält an. Meine zweite Couchsurfing Anfrage wurde um 19.30 Uhr übrigens auch abgelehnt, die Schweden tun sich deutlich schwerer als die Finnen. Absagequote Schweden: 100 % bei 8 Anfragen, Absagequote Finnland: 50% bei 6 Anfragen. Hätte es nicht direkt die ersten dreimal geklappt, würde ich glauben Couchsurfing ist ein Märchen.
Elche – die Yetis des Nordens
Apropos Märchen: Man sagt ja, dass in Finnland und Schweden diese großen Tiere mit den Schaufelgeweihen rumlaufen. Ich habe jetzt sicher über 1000 Kilometer durch die beiden Länder leise auf zwei Rädern zurückgelegt. An allen Wochentagen, in der Dämmerung, durch Wälder auf kleinen Wegen und Pisten. Ich schaue seitlich auf jede Lichtung, in jeden Wald. Anzahl gesichteter Elche: Null. Ich glaube ja mittlerweile, dass die Elche die Yetis der Skandinavier und Finnen sind. Ach doch, einen hatte ich gesehen – als Denkmal in einer finnischen Stadt!
1 Kommentar
Ein echter Thementag: Wasser .. von oben, laut. leise, schnelles Wasser, ruhiges Wasser … aber ich denke in Schweden vergehen kaum mehr als 1-10 km. bis man an ein Gewässer kommt …
.. ich bin mit dem Lesen was hinterhert, du radelst zwar täglich, aber ich schaffe die paar Minuten lesen irgendwie nicht täglich …