Ostsee-Umrundung | gesamt 5.133 km
Kalix (SWE) – Luleå (SWE) | Tag 68 | heute 107 km
Gestern Abend standen die Zeichen für Aurora, die Polarlichter, für die gegenwärtige Woche recht gut. Die Wahrscheinlichkeit lag bei 17%, sie liegt in dieser Gegend natürlich oft deutlich höher, jedoch ist die Sonnenaktivität gegenwärtig leider niedrig. Sie wird erst in ungefähr zwei Wochen wieder ansteigen, wenn ich diese Gegend längst verlassen habe. Trotz wolkenfreiem Himmel konnte ich jedoch keinen Blick auf dieses wunderbare Phänomen werfen. Selbst wenn es schwach sichtbar gewesen wäre, hätten der gleißende Vollmond und die Lichter der Stadt das Glühen des Sonnenstroms verdeckt. Es ist auffällig, wie viele helle Straßenlaternen und Lichter es hier in Kalix gibt, mir scheint fast, die Stadt versucht der langen Dunkelheit des Winters damit entgegenzuwirken.
In den letzten zwei Tagen habe ich nicht so viele Kilometer zurückgelegt wie sonst. Fast scheint es, dass ich wie ein Milan über dem nördlichsten Punkt meiner fantastischen Tour kreise und mich nicht ganz lösen kann. Ich habe das Land unter mir fest im Blick, und doch kann ich hoch oben aus der Luft das große Ganze sehen, den einsetzenden Frost am nur 150 Kilometer entfernten Polarkreis, der mich nun Richtung Süden zurücktreibt. Nebenbei ist es auch der junge Milan, unser Enkelkind, an den ich oft denke, und der mich auch gen Heimat zieht. Er begleitet mich auf einem Aufkleber auch auf meinem Fahrradrahmen, auf dem mein Blick oft hängen bleibt.
Es ist viel Regen angesagt. Ich fahre direkt mit Regenjacke los, lasse Regenhose und Überschuhe zunächst noch aus. Das bereue ich schon nach fünf Kilometern! Kräftiger Regen fällt so plötzlich, dass meine Hosenbeine feucht sind, bis ich die Regenhose überstreifen kann. Eine Feuchtigkeit, die ich den Rest des Tages mit mir trage, denn es wird nicht mehr aufhören. Es wird ein 8 Stunden Tag in voller Regenmontur.
Ich meide die E4, die keinen Seitenstreifen bietet, und fahre jede Schleife.
Die Wege sind oft unbefestigt wie gestern, der Regen macht sie weicher, und das kostet Geschwindigkeit. Aber ich bin froh, fast ohne Autos unterwegs zu sein.
Ein paar Kuriositäten laufen mir heute über den Weg. Ein ‚Vorsicht Otter‘ Schild, eine Siedlung mit 5 Häusern und 10 Fußballtoren und ein offensichtlich privater Antennenfan mit riesigen Antennen.
Erst bei Kilometer 90 komme ich auf eine Asphaltstraße mit mehr Verkehr. Jetzt regnet es richtig, und das Wasser läuft in Bächen seitlich die Straße entlang. Eine überfahrene Kreuzotter lege ich sanft ins nasse Gras neben der Straße, ich hatte schon seit Poori keine mehr gesehen.
Sproing!
Acht Kilometer vor meinem heutigen Ziel Luleå dann ein lautes ‚Sproing‘ – und ich weiß diesmal sofort, was es ist. Speichenbruch! 300 Kilometern nach dem Ersten in Oulu der Zweite der Tour. Laut fluche ich in Regen und Wind! Ein Wechsel bei diesem Regen ist kaum möglich und so fahre ich mit leichter Acht im Rad vorsichtig die letzten Kilometer bis Luleå. Es gibt ein Radgeschäft, das ich morgen früh direkt aufsuchen werde. Meine drei Ersatzspeichen würde ich gern für Gegenden ohne Radgeschäft behalten.
Ziemlich geschafft nach diesem Regentag und 107 Kilometern mit tüchtig Höhenmetern, bin ich froh mich auch heute in einer Sauna aufwärmen zu können.
Ich suche nach einem kleinen Restaurant, das im Hotel ist zu teuer und die Karte nicht meins. Es scheint nur ein Imbiss offen zu haben, ich suche die ganze Stadt ab. Alles ist entweder Sonntags geschlossen oder macht um 21 Uhr zu. Dann fällt mir doch noch etwas ins Auge, und das wird richtig gut!
Tipp: Das Café Metropol ist ein kleines Juwel, ein Hidden Place, mittendrin in dieser seltsamen Stadt. Es ist wie ein französisches Wohnzimmer, es wird eine tolle Küche bis zum Menü angeboten, im Hintergrund läuft französische Musik, und Bedienung wie Koch passen genau in diese Atmosphäre, die mich mit dem Regentag versöhnt.
Morgen wird die Strecke dann etwas kürzer, erstens weil es keine nahe nächste Stadt gibt, und zweitens, weil ich erstmal mein Norwid hegen und pflegen muss.
2 Kommentare
Ui, bei dem Wetter ist das „durchhalten“ sicherlich um einiges schwieriger, als bei Sonne. Und 8 Stunden im Regen und Feuchtigkeit in den Klamotten .. da wäre auch bei mir tarte au chocolat mehr als Willkommen.
Dann weiterhin gute Fahrt Richtung Süden! Mit hoffentlich bald wieder besseren autoleeren Fahrradwegen …
Liebe Ulla,
heute sah ich einen Radweg und rief laut „jaaaaa, ein Radweg!“ Sie sind rar gesät außerhalb der Städte, die Abstände sind natürlich auch sehr groß. Aber für Autos wird einfach so viel mehr getan. Wenn ich mir alleine die Qualität mancher Radwege ansehe, wäre es eine Straße, wäre schon längst ausgebessert worden. Es gibt ein paar schöne Ansätze und Schweden hat tolles Potential es auszubauen.
Das Wetter bleibt zäh, ohne Regensachen bin ich seit Tagen verloren, morgen soll endlich nochmal die Sonne kommen!
Liebe Grüße
Bernd