Ostsee-Umrundung | gesamt 4.517 km
Vaasa (FIN) – Jakobstad (FIN) | Tag 58-61 | heute 124 km | ?
Am Morgen verabschiede ich mich bei einem Kaffee herzlich von Hannah und Hanna. Schön war es bei und mit ihnen, sie haben mein zweites Couchsurfing-Erlebnis versüßt.
Ich fahre bei leichtem Regen zwei Kilometer nach Vaasa in die City hinein und habe das Glück, mein Gepäck im Hotel direkt in ein schon fertiges Zimmer bringen zu dürfen.
Zeit für Regeneration
Heute Nacht wird meine Frau Susanne am Airport Vaasa ankommen, bis dahin regeneriere ich. Bei einem Buffet überesse ich mich beinahe, an einem ausgehungerten Radreisenden lässt sich mit einem Buffet nichts verdienen. Ich hole die letzten beiden Blog- und Social-Media-Tage nach, und genehmige mir ein Schläfchen am Nachmittag.
Abends beginne ich im Pub den Newsletter zum Thema: ‚Stereotypen‘, während ich bei einem Bier auf die Ankunft meines größten Schatzes warte. Die Verbindung zum rund neun Kilometer entfernten Flughafen ist nur mit Taxi möglich, Metro gibt es nicht, ein Bus fährt nur morgens einmal hin und abends zurück. Die 25 € zum Abholen wollen wir lieber in ein leckeres Essen stecken, und Susanne findet einen Geschäftsmann, mit dem sie sich ein Taxi und die Kosten teilt.
Wir freuen uns unendlich uns wiederzusehen, trinken noch gemeinsam ein letztes Bier im Pub und sinken müde in die Federn.
Die Stadt Vaasa
Am nächsten Morgen erkunden wir Vaasa nach einem Frühstück. Die Hafenstadt am Bottnischen Meerbusen ist mit 65.000 Einwohnern schon eine der größeren Städte in Finnland und liegt damit auf Platz 15. Sie hat eine super Größe, um sie zu Fuß zu erkunden, und so ziehen Susanne und ich zum Meer hinunter und stromern über den vielfältigen Fischmarkt an den Markthallen.
Übrigens: Wer denkt, dass das Wasa Knäckebrot hier seinen Ursprung hat, liegt falsch. Es ist nach dem schwedischen König Gustav I. Wasa (Roggenkönig genannt) benannt – nach ihm ist allerdings auch die Stadt Vaasa benannt.
Wir brauchen kein großes Programm und sind einfach froh, gemeinsam Stunden verbringen und miteinander sehen und lachen zu können. Eine liebe Freundin benutzte in den vergangenen Tagen für ihren Mann und sich das Wort ‚Symbionten‘. Ja, das trifft es wohl. Es gibt keine Luxusessen, aber bei friends & brgrs (die auch eine Filiale in Hamburg haben) die besten Halloumi Burger, die wir je hatten.
Radreiseglück zu zweit!
Am zweiten Tag nutzen wir ein kostenfreies Leihrad des Hotels und ich kann Susanne etwas vom Meer, den rot-weißen Häusern und der typischen Vegetation außerhalb der Stadt zeigen. Sogar ein paar Blau- und Preiselbeeren zum Naschen finden wir. Und wir machen ein schönes Radreiseglück-Foto am Strand von Vaasa, den nun Wildgänse auf ihrem Weg in den Süden als Sammelplatz nutzen.
Gegenüber vom Hotel ist ein Pub, und als wir am zweiten Abend dort sind, spielt Konstantin Kovalev & Frostbytes live Rhythm & Blues vom Feinsten, und wir haben Plätze mit Bier und Sicht auf die Bühne. Wir kennen ihn nicht, aber er hat Musik im Blut. Yeah!
Tipp: Das Sokos Hotel Royal Vaasa hat im 10. Stock eine finnische Sauna und ein Schwimmbecken mit Aussicht über die Stadt, was wir ausgiebig nutzen. Als Regen einsetzt, können wir über einen Verbindungsgang in der dritten Etage direkt ins benachbarte Einkaufszentrum, genauso führt ein Gang unterirdisch zu Frühstück und Pub auf die andere Straßenseite. Man hört keinen Mucks in den Zimmern und wir schlafen großartig. Es ist für uns eins der besten Hotels, in denen wir je waren. Falls ihr also mal in Vaasa seid…!
Tja, und dann ist schon Sonntagmorgen. So schnell. Wir frühstücken noch einmal gemeinsam, dann kommt um 8.30 Uhr das Taxi und bringt Susanne zum Flughafen.
Immer wieder Abschied
Ich bin sehr froh, dass wir uns zwei Tage austauschen und beraten konnten, dass wir so viel lachen und Quatsch machen konnten. Und ich bin wieder zutiefst geknickt, dass sie jetzt weg ist. Wie schön wäre es, einfach ein paar Tage zusammen zu fahren. Bei der gestrigen Fahrt hat sie Dinge gesehen und mir gezeigt, die ich nicht gesehen habe. Eine Außentür in der 1. Etage zum Beispiel. Und ich habe ihr Dinge gezeigt, die sie nicht gesehen hat. Das gemeinsame Entdecken ist so schön! Es wird einem erst richtig bewusst, wenn man es nicht hat.
Aber sie hat mir auch Mut gemacht für den Rest der Tour, denn es ist aktuell eine zähe und schwierige Phase mit schwieriger werdenden Bedingungen. Das tolle: Noch circa eine Woche, dann habe ich die Spitze der Ostsee erreicht!
Mehr gibt es zu diesen wundervollen Tagen in Vaasa nicht zu sagen, der Rest lebt in unseren Herzen. Wir werden die kleine Stadt liebevoll in Erinnerung halten. Wie begrüßen sich die Menschen hier immer so schön: „hej hej!“
Ich fahre nordöstlich parallel zur E8 aus Vaasa, und entscheide sie zu verlassen, als Radwege und Seitenstreifen aufhören. Die Straße mäandriert durch einen schönen Wald und kleine Dörfer wie Maxmo mit abermals ansehnlichen Holzkirchen und isoliert stehendem Kirchturm.
Der Wind hilft mir heute etwas, und ich erreiche bereits um 16 Uhr die ? Kilometer. Die letzten Kilometer führen mich durch das Torsviken Gebiet südwestlich von Jakobstad, das neben wunderbarer Natur mit idyllischen Wanderwegen auch einige Übernachtungshütten anzubieten hat. Sehr entspannt rolle ich bis in meine Zielstadt Jakobstad, wo ich nach einigen Versuchen wieder eine Couchsurfing Gelegenheit gefunden habe. Als ich gegen 17 Uhr ankomme, habe ich noch Zeit, um in einem Café meine Gedanken niederzuschreiben, bevor es um 19 Uhr zu meinem Gastgeber geht, der erst gestern aus Marokko zurückgekommen ist.
Zu Gast bei Ture
Ture und seine Frau sind wahre World-Traveller. Aber nicht nur um zu reisen, sondern sie sind in vielen Ländern der Welt als Entwicklungshelfer aktiv gewesen. Dazu sind ihre Berufe sicherlich hilfreich, Ture ist Kinderarzt, seine Frau ist Erzieherin. Er erzählt viel über die Länder und es ist spannend zu hören, wie er das Erdbeben 2015 in Nepal erlebt hat, oder was in der Entwicklungshilfe Schwierigkeiten und Schlüssel sind. Entwicklungshilfe muss immer Hilfe zur Selbsthilfe sein, und es muss laufen, wenn man geht. Es reicht nicht, nur Geld reinzupumpen, und Hilfe wird auch kaum angenommen, wenn sie von Ausländern kommt. Also braucht es Einheimische, die trainiert werden, um das Wissen weiterzugeben.
Als Arzt achtet Ture darauf, dass ich auch alles aufesse, die beiden versorgen mich mit Salat, Brot und einer leckeren Reispfanne. Spontan sagt er, dass ich sicher 4.000 Kalorien am Tag brauche. Das dürfte eine ziemliche Punktlandung sein. Er möchte aber auch alles über die Tour wissen – insbesondere über das Sri-Lanka Projekt und unsere Beweggründe. Auch er rät mir vom Nordkapp ab, es sei sehr spät dafür. Vor dem Schlafengehen holt er noch Landkarten von Finnland und Schweden und gibt mir Tipps, wo es besonders schön ist und wo ich eher nicht entlang fahren muss, was sehr hilfreich ist. Vor dem Schlafen gehen kuschle ich ein bisschen mit den beiden süßen jungen Katzen, die die beiden haben, ich vermisse unsere Tiere.