Ostsee-Umrundung | gesamt 2.581 km
Haapsalu (EST) – Kersalu (EST) | Tag 31 | heute 108 km | ?
Der Tag startet ungewöhnlich: Sightseeing! Ich muss erst um 11 Uhr raus aus dem Hostel, also gehe ich eine Kleinigkeit frühstücken und bin Schlag 10 Uhr beim Museum der Bischofsburg Haapsalu. Nun habe ich nur 45 Minuten Zeit, aber alles Verhandeln hilft nichts, der happige Eintritt von 12 € wird nicht rabattiert. Die Preise in Estland liegen eindeutig über den Preisen der vorherigen Länder, zumindest in den Städten durchaus auf deutschem Niveau. Auf dem Land ist es hingegen viel günstiger. OK, trotzdem rein, es interessiert mich zu sehr.
Bischofsburg Haapsalu
Die Burg aus dem 13. Jahrhundert ist weitläufig, mit vielen Querverbindungen, und spannend zu erkunden. Die Ausstellung ist verteilt über die Räume und Gänge der Burg, besonders interessant finde ich die beiden historischen Uhren. Von einer Wasseruhr hatte ich noch nie gehört. Man sollte sich zwei Stunden Zeit nehmen, um alles in Ruhe zu erkunden.
Ich packe alles Gepäck aufs Rad und fahre los. Der Himmel wird dunkel und ich bin keine 4 km gefahren, da fängt es an zu regnen. Schnell Regenjacke und Überschuhe an, keine Möglichkeit zum Unterstellen. Ich hatte das Wetterradar gecheckt, aber Starkregen nicht erkannt. Dabei waren meine Sachen gerade etwas getrocknet.
Kalasara – Get into this shop, amazing!
Der Fahrtwind trocknet die Hose rasch, natürlich nur bis zum nächsten Regen. So zieht es sich regnerisch bis 14 Uhr hin, bis ich in einem Café eine Pause einlegen, um der letzten Regenwolke zu entkommen. Ein Reiseradler kam mir vorher entgegen und rief: „Get into this shop, amazing!“ Und das ist es dann auch. Für 4,50 € gibt’s Salat, Pommes und Würstchen, wirklich lecker. Akkus auffüllen. Eins der wenigen Cafés auf den heutigen 100 Kilometern, das offen hat, und dann so ein Volltreffer. Vielleicht freue ich mich auch so, weil ich nicht im Regen sitzen muss! Als kurz danach die Sonne erscheint, genieße ich dankbar jeden einzelnen Sonnenstrahl. Es ist wie die Dusche nach einem harten Sportprogramm!
Der EV10 führt nun öfter auch wieder über kleine Wege, teils geteert, teils gut fahrbare Piste und führt erfreulich nahe an die estländische Ostsee heran. Nach den Regenfällen ist alles feucht, und ich muss um Gehäuseschnecken zirkeln. Schnell helfe ich ein paar Schnecken über den Weg, bevor sie überfahren werden.
Ein beeindruckendes Gutshaus am Weg, das 4-Sterne Hotel in Padise ist das einzige, das neben den gepflegten Häusern mit den großen adrett gemähten Rasenflächen Estlands heute wirklich auffällt. Seltsam ist, dass man egal zu welcher Tageszeit fast nie jemanden sieht.
Ich bin froh, nach 106 km am Ziel zu sein und das Zelt aufzubauen. Heute gab’s wenig Interessantes an der Strecke, dafür jedoch viel Regen. Der Platz direkt am Meer ist eine kostenfreie RMK Campsite und wirklich toll gelegen. Ich komme mit Anton ins Gespräch, der hier wohnt und mit Bantik im Wald entlang der Küste spazieren geht. Bantik ist ein wunderschöner Kater, mit dem er seit dessen zweiten Lebensmonat spazieren geht. Er zeigt mir Bilder von Bantik auf Felsen im Meer und wird mir (und damit euch) einige zuschicken.
Ein bisschen quatsche ich noch mit einem anderen Reiseradler aus Schweden und bin froh, mein Zelt 30 Meter weiter aufgebaut zu haben, er schnarcht lauter als die Wellen der Ostsee rauschen…
2 Kommentare
Hallo Bernd,
ich hoffe du lernst grade die Vorzüge des alleine Reisen kennen und lieben.
Nach wie vor ein sehr unterhaltsamer Blog.
Ich hatte erst im nachhinein heraus gelesen das Tristan dein Sohn ist.
Mein Vater habe ich erst vor 4-5 Jahren kennengelernt ( mit 35 Jahren) wir haben dann festgestellt das wir beide gerne Radeln und sind letztes Jahr zusammen den Ostseeküsten Radweg gefahren. Berlin -> Ahlbeck -> Flensburg -> Hannover / Es war eine schöne Zeit und wir hatten eine Menge spaß. Aber die 2 Wochen waren dann auch okay für mich und meinen Vater.. noch länger wäre wahrscheinlich nicht so gut gegangen. Ich denke das die richtigen Radtouren mit deinem Sohn noch folgen werden!! Auch wenn es erst in 15-20 Jahren evtl. soweit seinen wird. Ich hoffe das mit dem Nordkap hast du dir gut überlegt, die Temperaturen können da schon bald sehr knackig kalt werden. Ich kenne dein Equipment nicht im Detail . aber falls nicht bekannt lohnt es sich mal nach Ultralight Ausrüstung zu googeln. Bzw was es mit Ultralight (ultraleicht) alles so auf sich hat. zb. die Seite https://feel4nature.com/5-ultralight-trekking-grundlagen-und-tipps-fuer-einsteiger/2018 für einen kleinen Eindruck.
An Ausrüstung lässt sich doch immer mal wieder was verbessern.
Weiterhin wünsch ich eine gute Fahrt – schönes Wetter und viel Rückenwind 😉
Gruß Marco
Lieber Marco,
ich bin gespannt, wie Tristan es in ein paar Jahren sieht. Ob ich dann in 20 Jahren mit 66 noch so flockig radel zeigt sich. Ich hoffe schon!
Mein Equipment ist bis in die Minusgrade seit einem Jahr geplant, alles sehr leicht, aber natürlich teilweise nun für 2 Personen (3 Mann Zelt, Kocher). Ob der Abstecher zum Nordkapp dann wirklich durchgeführt neues entscheide ich, wenn ich am nördliche Ende der Ostsee angekommen bin anhand Zeit, Wetter, Temperatur. Sonst folge ich weiter dem EV10.
Bist Du auch unterwegs aktuell? Dann auch Dir eine gute Fahrt!
Radreiseglückliche Grüße
Bernd